Projekte zur Differentialrechnung
- (Vorläufiger) Endbericht -
Alke Fender l Christina Wehr l Ingo Ostwald l Saloua Afailal
1. | Grundüberlegungen zur Projektentwicklung |
Am Anfang unserer Überlegungen zum Thema "Mathematik mit Materialien" stand das Mathematikpaket, bei dem uns der spielerische und anschauliche Zugang zu mathematischen Themen, aber auch die technische Umsetzung faszinierte. Bei der Suche nach einem geeigneten Thema für eine ähnliche Umsetzung ergab sich zunächst, daß sich bestimmte Themenbereiche, wie z.B. die Geometrie, besonders gut veranschaulichen ließen. Auch das Mathepaket enthält, trotz seiner großen Bandbreite an Themen, kaum theoretische Fragestellungen z.B. aus der Oberstufe. Wir entschieden uns daher ganz bewußt für ein solches Thema, nämlich die Differentialrechnung, und machten es uns zur Aufgabe, diese ebenso anschaulich darzustellen wie Themen aus der Unter- und Mittelstufe. Dabei sollten unsere Projekte sowohl im Unterricht anwendbar, als auch für die geplante Mathematikausstellung nutzbar sein, mußten also einerseits einen sehr anschaulichen Zugang bieten, andererseits auch ohne großes mathematisches Vorwissen der Betrachter wenigstens die grundlegenden Prinzipien veranschaulichen und diese in deren Köpfen zu verankern. Um dem Anspruch der Verständlichkeit gerecht zu werden wurde daher weitgehend auf Theorie und Formeln verzichtet und Wert auf den affektiven Bezug gelegt.
2. | Mathematischer Hintergrund |
Wie gesagt entschieden wir uns ganz bewußt für ein Thema der Mathematik, das sehr theoretisch ist, die Differentialrechnung, und machten es uns zur Aufgabe, dieses Thema möglichst anschaulich zu machen. So begannen wir mit einer Aufstellung von Schwerpunkten in der Differentialrechnung, bei welchen es uns wichtig erschien, sie anschaulich im Gedächtnis der Schüler zu verankern.
2.1 | Das erste Projekt |
Das erste grundlegende Problem der Differentialrechnung ist die Steigung einer gekrümmten Linie in einem bestimmten Punkt zu ermitteln. Aus diesem Grundproblem entstand unser erstes Projekt.
Wir gehen auf die herkömmliche Art und Weise an dieses Problem heran. Man überträgt das schon vorhandene Wissen über die Steigung einer Geraden auf das neue Problem. Man nimmt als erste Annäherung der Steigung der Kurve die Steigung der Sekante an. Um immer genauere Werte zu bekommen, läßt man die Schnittpunkte der Sekante immer mehr zusammen rutschen und erhält als Endergebnis eine Tangente. An unserem Modell soll deutlich werden, daß die Steigung der Tangente die Steigung der Kurve im Berührpunkt ist, und daß es sich bei der Annäherung der Sekante zur Tangente um einen Grenzübergang handelt.
Begriffe und Formeln wie Grenzübergang oder der Differenzenquotient tauchen in der Realiserung nicht auf, um die ersten Erfahrungen mit der Materie nicht zu sehr mit theoretischer Mathematik zu überlasten. Sie sollten sich aber bei eingehender Beschäftigung damit gut daraus ableiten lassen.
2.2 | Das zweite Projekt |
Das zweite Problem, das sich recht anschaulich machen läßt, ist die Kurvendiskussion, die Grundlage unserer zweiten Realisierung ist. Diese setzt voraus, daß der Benutzer verinnerlicht hat, daß die Tangente die Steigung der Kurve in einem bestimmten Punkt angibt. In dieser Realisierung soll der Zusammenhang zwischen Steilheit und Steigung der Kurve noch einmal ganz deutlich werden. Hier kann auch zum ersten mal positive und negative Steigung erfahren werden. In Straßenschildern tritt Steigung als Prozentzahl auf, während man in der Mathematik immer mit Absolutzahlen arbeitet. Der Zusammenhang dieser zwei Möglichkeiten Steigung auszudrücken soll hier deutlich werden. Ebenfalls kann man hier das Steigungsverhalten in Extrempunkten, Wendepunkten und Sattelpunkten erfassen. Die Besonderheit eines Wendepunktes, mit einer Tangente die scheinbar nicht berührt sondern schneidet, soll hier deutlich werden. Dieses Modell führt auch das erste Mal an eine stetige nicht differenzierbare Stelle heran.
2.3 | Weitere Projekte |
Als dritten Schwerpunkt der Differentialrechnung nahmen wir uns die nicht differenzierbaren Stellen einer Funktion vor. Es gilt den Schülern anschaulich klar zu machen, an welchen Stellen das nun Bekannte schief geht, nämlich an nicht stetigen und stetigen nicht differenzierbaren Stellen. Hierzu stellten wir zusätzliche Projektideen auf.
3. | Didaktische Überlegungen |
Das erste Ziel der Projekte ist es, Interesse für das Thema zu wecken. Um spontanes Interesse der Betrachter zu induzieren, muß der erste optische Eindruck ansprechend sein (attraction power). Aus diesem Grund wurde auf eine bunte, lustige Gestaltung wertgelegt. Hierzu gehört auch die vor dem Hintergrund der Schülerorientierung entstandene Idee, bekannte Comicfiguren, nämlich Asterix und Obelix, zu benutzen.
Um den Betrachter auch beim zweiten Hinsehen nicht anzuschrecken, liegen den Projekten anschauliche, realitätsnahe Beispiele zugrunde, im ersten Projekt geht es um das Problem zweier Bergsteiger, eine Steigung zu überwinden, Thema des zweiten Projekts ist eine Radfahrt durch eine Berg- und Tal-Landschaft. Die Alltäglichkeit der Beispiele soll dem Betrachter helfen, sich in die Problemstellung hineinzuversetzen und sich mit den Projekten zu identifizieren. Anstelle eines rein mathematischen sollte so ein erfahrungsorientierter Zugang ermöglicht werden. Da die Projekte gerade schwächeren Schülern bzw. "ahnungslosen" oder "untrainierten" Besuchern einen Zugang zum Thema verschaffen soll, wurde zugunsten der Anschauung auch vollständig auf Formeln, weitgehend auf Theorie und sogar fast gänzlich auf Zahlen verzichtet. Im Zentrum sollte das Prinzip stehen, auf dem aufbauend im Unterricht auch Berechnungen durchgeführt werden können.
Das zweite Ziel ist die Erfahrbarmachung (von Steigung). Der Betrachter unserer Projekte soll zum Benutzer werden, er soll sie anfassen, verschieben, bewegen und dabei erkennen, wie die Sekante zur Tangenten wird (erstes Projekt), wie sich die Steigung in verschiedenen Punkten verhält (zweites Projekt) und wo Probleme auftreten können (weitere Projekte). Um aus dem Sehen tatsächlich eine Erfahrung zu machen, war uns die Orientierung an den Erfahrungshorizont der Betrachter / Schüler sehr wichtig. Ursprünglich hatten wir als Aufhänger an physikalische Gesetzmäßigkeiten oder an den den Zusammenhang zwischen Oberfläche und Volumen von Körpern gedacht, was uns jedoch zu kompliziert und als Einstieg für nicht naturwissenschaftlich Interessierte ungeeignet erschien. An Alltagsbeispielen fielen uns auch ein Skater auf der Halfpipe und ein Surfer auf der Welle ein, was jedoch recht speziell auf bestimmte Interessensgruppen gezielt hätte, weshalb wir uns schließlich für den Bergsteiger (eigentlich mehr ein Wanderer) und den Radfahrer entschieden; bei diesen Beispielen kann sich jeder zumindest das Problem vorstellen.
Das dritte, was unsere Projekte erreichen sollen, ist die Anregung zum Forschen, was nur dann möglich ist, wenn ausreichende holding power, also genug Anreiz zum Dabeibleiben, vorhanden ist. Dieser Anreiz soll vor allem aus der gemachten Erfahrung und der sich hoffentlich anschließenden Frage nach dem Hintergrund des Erfahrenen, nach Problemanalyse, ergeben.
Als viertes Ziel soll der forschende Zugang zu einem Aha-Erlebnis, zu Verständnis des Prinzips, kurz zu Wissen führen. Dabei sollen die Projekte das Aha-Erlebnis in keinem Fall vorwegnehmen, also auch keine Lösungen liefern, sondern über selbständige Arbeiten zu einer eigenständiger Problemlösung führen.
Letzes Ziel wäre dann noch der Transfer des gewonnenen Wissens auf andere Problemstellungen. Dies werden unsere Projekte jedoch nur dann leisten, wenn sie, wie z.B. im Schulunterricht, nicht alleine für sich stehen, sondern in die Besprechung des Themenkomplexes eingebunden sind.
Mit den o.g. Zielen sind unsere didaktischen Überlegungen bei weitem nicht vollständig dargestellt, zumindest drei Überlegungen aus der Detailplanung sollten hier nicht unerwähnt bleiben:
Als Titel für die Projekte wählten wir
Als Anleitung für den Betrachter / Benutzer der Projekte sind diese mit knappen, locker formulierten Texten und wenig Mathematik versehen, die sich beim zweiten Projekt sogar verändern.
Als thematische Hilfestellung sind am Projekt Klappen angebracht ("Damits klappt!"), auf denen sich eine Frage zu den vorausgesetzten Grundlagen befindet, die darunter knapp, aber anschaulich (wie in den rechtsstehenden Abbildungen) oder über eine zu Handlung und Beobachtung auffordernde Gegenfrage beantwortet wird. Die Klappenkonstruktion haben wir deshalb gewählt, damit keiner Hilfe aufgezwängt bekommt, die er vielleicht gar nicht will. So kann im Sinne der Binnendifferenzierung auf verschiedene Lerntypen eingegangen werden. Damit es auch etwas zu Lachen gibt, ist eine Klappe, bezugnehmend auf die Gestaltung, mit der Frage "Welches Geschlecht hat die Ziege?" versehen. Sao unsinnig dies klingt, es steckt auch eine uns wichtige Erkenntnis dahinter: Wer lacht, lernt besser!
4. | Praktische Umsetzung |
4.1 | Projekt 1 ("Aufstieg" oder "Sekantenrealisierung") |
Basis des Modells bildet eine 1 m mal 1,50 m großen Sperrholzplatte mit aufgemaltem Hintergrundbild (Berglandschaft). Wir entschieden uns für diese Größe, damit man auch von einiger Entfernung noch alles gut erkennen kann. Unsere Wahl fiel auf Sperrholz, da dieses für seine Stärke (1 cm dick) relativ stabil, leicht und gut zu bearbeiten ist, denn es soll eine Viertel-Ellipsen-Funktion darin eingefräst werden. Um das Modell interessanter zu gestalten, entwarfen wir folgende Funktion: Asterix und Obelix (mit Hinkelstein auf dem Rücken) besteigen einen Berg, der hier als ausgefräste Funktion zu sehen ist. Der schwerfällige Obelix mit dem Hinkelstein meint, hinter Asterix hertrottend: "Puh ist das steil!" Der flinkere Asterix erwidert: "Wie steil ist es denn? Mal überlegen...". In dem Punkt, in dem Asterix steht, soll nun die Steigungsbestimmung mit unserer Konstruktion erfolgen. Um einen Aha-Effekt zu bekommen, sollte die Steigung in diesem Punkt tatsächlich ziemlich steil sein. Daher entschieden wir uns für eine konvexe Funktion. Damit auf der gesamten Strecke trotzdem eine deutliche Krümmung zu erkennen ist entschieden wir uns gegen Exponentialfunktionen oder Parabeln und für eine Viertel-Ellipse, die unten etwas abgeschnitten wurde, um die nicht differenzierbare Stelle auszublenden.
Die Sekante ist eine (eventuell rot lackierte) Federstahlstange, die mit zwei Gelenken in der eingefrästen Funktion verankert wird. Stangen aus Holz oder Aluminium wurden aus Stabilitätsgründen verworfen. Am unteren festen Schnittpunkt der Sekante steht der aufgemalte Asterix. Der obere Schnittpunkt der Sekante kann in der Fräsung auf den ersten zubewegt werden. Bei der Bewegung dieses zweiten Punktes wird die Sekante zur Tangenten. Gleichzeitig soll das Steigungsdreieck der entsprechenden Sekante zu sehen sein, die Steigung der Sekanten in einer kontinuierlichen Skala angezeigt und der Grenzübergang deutlich werden.
Die Grundseite des Steigungsdreiecks wird gebildet durch einen auf die Holzplatte aufgemalten waagerechten Zahlenstrahl, der im ersten Sekantenschnittpunkt (Asterix) ansetzt. Die Höhe des Steigungsdreiecks bildet eine nach rechts und links bewegliche senkrechte Federstahlstange, neben der eine sich mitbewegende Skala aus zweifarbigen Streifen liegt. Die Bewegung der senkrechten Stange funktioniert wie folgt: Auf der Rückseite der Grundplatte werden oben und unten Schubladenschienen angebracht, zwischen denen eine 1 m mal 50 cm große Platte nach rechts und links bewegt werden kann. Erste Überlegungen, Schienen und Rollen selber zusammenzustellen mußten der Sicherheit wegen verworfen werden. Bei den Schubladenschienen muß nur noch darauf geachtet werden, daß sie gleichmäßig durch eine zusammenhängende Platte belastet werden. Von der beweglichen Hintergrundplatte wird mit Hilfe von selbstgefertigten U-Stücken die Bewegung auf die Vorderseite der Basisplatte umgelenkt. Die U-Stücke halten auf der Vorderseite von oben und von unten die senkrechte Stange und die Skala, und sind auf der rückseitigen Außenkante der Hintergrundplatte befestigt.
Wie schon erwähnt ist die Sekante mit zwei Gelenken in der eingefrästen Funktion verankert. Im ersten Schnittpunkt (Asterix) muß sich die Sekante nur drehen lassen. Im zweiten Schnittpunkt werden senkrechte Stange, sich drehende Sekante und die Funktion miteinander verbunden und Beweglich in der Funktion verschiebbar sein. Die Lösung dieses komplexen Bewegungsproblems kann man den Konstruktionszeichnungen entnehmen.
Die Bewegung der Sekante (und damit der gesamten Konstruktion) geschieht über einen Griff, der unten an der senkrechten Stange befestigt ist. Uns war wichtig, daß die Bewegung nicht am zweiten Sekantenpunkt ansetzt, sondern einen Grenzübergang von x à x0 darstellt. Um deutlich zu machen, daß hier noch mathematische Theorie (Grenzwertbetrachtung) folgen muß, wird der Steigungsdreieck bei Annäherung an die Tangente immer kleiner und damit immer schwerer zu bestimmen. Um ein Ergebnis zu erhalten, soll die Sekante als Zeiger in einer aufgemalten kontinuierlichen Skala ihre eigene Steigung anzeigen. Dies ermöglicht die Herleitung oder Überprüfung der Steigungsbestimmung mit dem Steigungsdreieck, und verdeutlicht noch einmal, wie fließend sich die Steigung verändert. Daß das Endergebnis der Konstruktion keine wirkliche Tangente darstellt (die mechanisch nicht zu ermitteln ist), soll auch anregen zu weiteren theoretischen Überlegungen.
Auf der linken Seite des Modells finden sich mehrere Klappen mit einfachen Fragestellungen. Sie sollten entweder aus festem Segeltuch auf die Platte aufgetackert, oder aus Holz mit Scharnieren befestigt werden. Handelt es sich um Vorwissen, das man zu dieser Überlegung braucht, so wird die Frage unter der Klappe auf kürzeste mögliche, anschauliche Weise geklärt. Handelt es sich um weiterführende Fragen, so findet man beim Öffnen der Klappe eine Aufforderung zum Handeln und Überlegen.
4.2 | Projekt 2 ("Auf und ab in Berg und Tal" oder "Tangentenrealisierung") |
Wie in Projekt 1 befindet sich im Vordergrund eine Sperrholzplatte mit aufgemalter Hintergrundlandschaft und einer eingefräster Kurve. (Wir entschieden uns für Einradfahrer im Gebirge, man kann aber genausogut auch Skifahrer nehmen. Die Einradfahrer haben als Vorteil, daß sie nur mit einem Punkt auf der Tangente und der Kurve stehen. Eine Identifizierung mit einem Einradfahrer ist allerdings nicht so groß wie mit einem Skfahrer, der seine Tangente quasi schon an den Füßen mitbringt) Bereichert wird das Bild durch einige ausgesägte Fenster hinter denen Zahlen, Texte oder Bilder erscheinen. Die ausgefräste Kurve enthält ein lokales Maximum, ein lokales Minimum, einen Sattelpunkt, mindestens einen Wendepunkt, eine undifferenzierbare Stelle und eventuell Nullstellen (Wasseroberfläche). Die Konstruktion soll es ermöglichen in jedem Punkt der Kurve automatisch die Tangente anzuzeigen. Auf dieser automatisch richtig liegenden Tangente soll ein Einradfahrer über die Kurve fahren bis zur nicht differenzierbaren Stelle. Ab hier fährt analog ein anderer Radfahrer den Rest der Kurve ab. Beim Verschieben des Radfahrers soll der Steigungswert der Tangente als Absolutwert, als Prozentwert und in Form eines Straßenschildes angegeben, sowie in Textblasen auf Besonderheiten hingewiesen werden.
Um dies alles zu realisieren, braucht man für jeden Radfahrer eine verdeckte Hintergrundplatte auf der Texte, Zahlen und Prozentwerte so aufgetragen werden, daß sie an der Stelle an der sich der Radfahrer gerade befindet die passenden Texte, Bilder oder Ziffern ausgibt. Die Verschiebung dieser Hintergrundplatten (eine pro Radfahrer) geschieht über Schubladenzüge oder Schiebetürenbeschläge.
Mit der waagerechten Bewegung der Platten muß sich die Tangente entlang der gefrästen Funktion in y-Richtung bewegen und entsprechend der sich ändernden Steigung drehbar sein. Gleichzeitig darf sie nicht wackeln oder gar sich um sich selbst drehen. Aus diesem Grund ist sie auf einem quaderförmigen Block angebracht, dessen Form eine Drehung um die eigene Achse innerhalb der Fräsung verhindert, der aber noch so viel Platz hat, daß er sich verschieben läßt. Der Block wiederum befindet sich auf einem Drehgelenk. Dieses Drehgelenk ist auf einem Rohrstück befestigt, welches sich auf einer senkrecht fest auf der Hintergrundplatte angebrachten Stange bewegen kann. Die Verschiebung der Platte bewirkt dann eine Bewegung des Quaders entlang der Kurve in Ausrichtung der Tangente.
Bei der Auswahl der Kurve muß gewährleistet werden, daß man beim Schieben des Fahrrades möglichst wenig an die vorgegebene Bahn aneckt, die Krümmungsänderung ist also gering zu halten; daher entschlossen wir uns eine Splinefunktion zu entwerfen. Die Formeln und Gleichungen hierfür finden sich im Anhang.
Die Tangente sollte so lang werden, daß sie die Kurve möglichst selten an einer weiteren Stelle außer dem Berührpunkt schneidet um eventuelle Mißverständnisse auszuschließen.
4.3 | Weitere Projektideen |
In dieser letzten Realisierung bliebe nun noch übrig die Schwerpunkte aufzuzeigen, an denen die Differenzialrechnung versagt: Der nicht stetigen Stelle und der nicht differenzierbaren Stelle.
In Projekt 2 ist bereits eine stetige aber nicht differenzierbare Stelle dargestellt: An der Knickstelle der Kurve zeigen die beiden Einradfahrer eine unterschiedliche Tangente an. Man erkennt hier eindeutig, daß in einer solchen Stelle keine eindeutige Tangente und somit auch keine eindeutige Steigung zuzuordnen ist.
Man kann aber auch mit Hilfe einer Abwandlung des 1. Projektes (Sekantenrealisierung) zu zwei verschiedenen Tangenten und somit zu zwei verschiedenen Steigungen kommen. Man muß hier nur die Sekantennäherung einmal von links und einmal von rechts durchführen um zu den unterschiedlichen Ergebnissen zu kommen.
Die nicht stetigen Stellen müßte man analog zum 1. Projekt umsetzen. Setzt man am linken Endpunkt der Bruchstelle den ersten, festen Schnittpunkt der Sekanten fest und läßt den zweiten Schnittpunkt der Sekante von rechts gegen den ersten wandern, bekommt man als Tangente eine Senkrechte. Analoges ergibt sich bei Seitenvertauschnung: Die zweite Sekante wird im rechten Eckpunkt der Bruchstelle festgesetzt und bewegt sich von links gegen die Bruchstelle. Die Bruchstelle hätte also wie die Tangente die Steigung unendlich. Man müßte also in die Voerdergrundplatte eine andere Funktion einfräsen, die Sprungstellen enthält. Als Hintergrundbilder eignen sich hier Sprungbretter im Schwimmbad oder Surfer auf einer Welle.
Versucht man mit Hilfe des 2. Projekts, dieses Problem zu klären kann es im Spezialfall zu Mißverständnissen führen. Angenommen die Funktion besitzt rechts sowie links der Sprungstelle dieselbe Steigung, so ergibt sich mit der 2. Realisierung zweimal dieselbe Tangente, nur parallel nach oben beziehungsweise unten verschoben. Hier könnte der Eindruck entstehen, man hätte dieselbe Steigung und damit eine definierte differenzierbare Stelle.
5. | Einsatz im Unterricht |
Unsere Projekte beschäftigen sich mit dem schulischen und wichtigen Thema der Differenzierbarkeit. Dieses Thema ist wichtig für sehr viele Studiengänge.Z.B. Mathematik, Physik, Chemie, Biologie, Medizin, Pharmazie, BWL, Jura, Psychologie, Politikwissenschaften... und vielen Schülern fehlt das Verständnis. Unsere Projekte sollen helfen, nicht nur Ableitungen ausrechnen zu können, sondern auch ihren anschaulichen Hintergrund zu kennen.
5.1 | Einsatz im normalen Unterricht |
Das erste Modell kann in der Oberstufe als Einstieg zur Differentialrechnung benutzt werden, z.B. zu Beginn der 11. Klasse. Der Lehrer stellt das Modell einfach vorne in den Klassenraum mit der Aufforderung, daß die Schüler es sich anschauen sollen. Der Lehrer sagt also wenig, fordert höchstens dazu auf, daß ein Schüler es mal ausprobiert und die anderen beobachten sollen, was passiert. Danach können sich die Schüler wieder hinsetzen und man kann darüber diskutieren , was man gesehen hat.
In den nächsten Stunden könnte man auf den Grenzwert zu sprechen kommen. Im Modell kann der Grenzwert nicht bis zu Ende durchgeführt werden. Mithilfe der Schüler kann aus der Steigung einer Geraden auch der Differenzenquotient hergeleitet werden. Als weitere Anwendung nachfolgender Stunden könnte man den Sinus geometrisch differenzieren.
Genauso kann das Modell als Abschluß einer Einheit über Differentialrechnung benutzt werden - als Wiederholung.
Das Modell ist jedoch auch in der Mittelstufe einsetzbar: Im Anschluß an die Behandlung von Sekanten und Tangenten am Kreis in der 7. Klasse könnte es benutzt werden, um zu erkennen, daß diese Begriffe auch auf Kurven/Funktionen übertragen werden können. Eine weitere Möglichkeit bietet sich in Klasse 9/10, wo schon die Funktionsgleichung von Geraden und deren Steigung behandelt werden. Darauf könnte man aufbauen und mit Hilfe unseres Modells die Steigung einer Funktion erarbeiten.
Das zweite Modell ist gut geeignet für die Klassen 11 und 12 zur Vertiefung bei dem Thema der Kurvendiskussion. Auch hier sollte der Lehrer das Modell ohne viele Worte von den Schülern erproben lassen. Anschließend können folgende Fragen besprochen werden:
In der Mittelstufe läßt sich das Modell z.B. in der 7. Klasse bei der Prozentrechnung einsetzen: Es kann der Zusammenhang zwischen Steigung als Absolutwert, Steigungsdreieck und Steigung als Prozentzahl hergestellt werden.
5.2 | Einsatz im Wochenplan oder beim Stationenlernen |
In der Oberstufe oder Ende der Mittelstufe könnte mit allen drei Projekten eine Wochenplanarbeit erstellt werden. Die Schüler müßten innerhalb von drei Wochen alle drei Modelle benutzt haben. Für die Mittelstufe kann man sich vielleicht auf die Projekte 1 und 2 beschränken. Folgende Aufgaben können formuliert werden:
Projekt 1:
Projekt 2:
Projekt 3:
Für das Stationenlernen kann man auch wieder unsere drei Modelle benutzen und die jeweiligen Fragen auslegen. Noch besser wäre es, daß sich die Schüler selbst Fragen überlegen und bezogen auf die Modelle beantworten, d.h. sie müßten sich selbst pro Modell 4 Fragen (beim letzten Modell 2) stellen und beantworten; nur wenn ihnen keine mehr einfallen, dürfen sie auf obengenannte Fragen zurückkommen.
Als weitere Station zum Thema Differentialrechnung könnte man eine Kurve auf dem Schulhof zeichnen und mit Fahrrädern abfahren lassen. Fragen dazu sind:
Eine weitere Möglichkeit ergibt sich für eine Projektwoche oder einen Wandertag: Bei einer Wanderung kann mit Hilfe eines mitzunehmenden Vermessungsgeräts der Steigungswinkel und daraus die Steigung bestimmt werden.
6. | Einsatz in der Ausstellung |
Unsere Modelle sind auch sehr gut für die Ausstellung geeignet, denn